Schmetterlingseffekt

Der Schmetterlingseffekt – Thesen

Schmetterlingseffekt – ist der gemeinsame Titel für einen Reigen gleichformatiger 80x100cm großer Bilder, die mit erdigen, gedämpften Ölfarben auf naturbelassener, archaisch wirkender, roher Leinwand gemalt und paarweise zugeordnet sind. Jedes Paar verbirgt ein subtiles Wiederholungsspiel mit Spiegelungen und Gegensätzen, mit Asymmetrie im Symmetrischen, mit Wahrnehmungen und der Zeit.

Unbemalter, frei gelassener grober Hintergrund assoziiert Höhlenmalerei mit Felsen als Grund und ist eine Andeutung des Ursprünglichen (Malerei als Urmutter aller Künste). Als Hauptdarsteller begegnen uns Tiere, Pflanzen, Gegenstände aber auch Mischwesen und Menschen, die durch gespiegelte Wiedergabe zu Gegenständen mutieren.

Ikonenhaft positioniert und stilisiert evolutionieren sie zu Symbolen, die den zeitlichen Bogen von der Antike bis zur Moderne spannen. Vanitas-Symbole lassen das Genre Still-leben erraten und verstärken den philosophischen Aspekt dieser Serie. Im Mittelpunkt stehen Gedanken zu Tod und Auferstehung, zu ewigem Leben, zu Freiheit, Kraft und Vitalität, zur Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Körper und Seele.

Eine Komposition wird im Gegenstück individuell wiedergegeben, so dass beide einander spiegelnden „Elternteile“ zusammen ein drittes  selbstständiges Bild generieren. Manchmal ist das keine direkte Spiegelung sondern beide Teile ergänzen sich und bilden ein festes Muster oder Ornament. In der Spiegelung werden die gewohnten Gesetze der visuellen Wahrnehmung – von links nach rechts, von oben nach unten – aufgehoben. Vorher, Danach, Während – das sind 3 Zeitschichten, die man beim Spiegelbild ahnen aber nicht immer in der richtigen Reihenfolge feststellen kann.

Die Darstellungen greifen teilweise auf  Fragmente früher entstandener Werke, frühere Themen sowie selbst entwickelte Techniken zurück und erscheinen gleichsam als Meta-morphose vergangener Gedanken und Werke. Auch Bilder, die mit der Kraft der Unterbewusstseins entstanden sind, werden mit adoptiertem Material aus Internet und Massenmedien verschmolzen, gespiegelt und wiedergegeben.

Durch Vertauschen der Plätze eines Bildpaares eröffnen sich neue Interpretations-möglichkeiten.  Aus einer eher zentrifugal auseinanderstrebenden Anordnung der Motive,  die den Betrachter auf der Zeitachse in der Mitte zwischen Vergangenheit und Zukunft stehen lässt, wird durch den Seitenwechsel eine Hier- und Heute-Fokussierung erreicht, eine körperlich zu empfindende Nähe, die den Betrachter als den „Dritten im Bunde“ (F. Schiller, Die Bürgschaft) einschließt.

Eine somit scheinbar unbedeutende Veränderungen der Ausgangsbedingungen für die Bildrezeption führt im Ergebnis zu einer differenzierten Wahrnehmung und Inter-pretation in Anlehnung an das physikalische Phänomen des SchmetterlingseffektsKleinste Ereignisse wie der Flügelschlag eines Schmetterlings können in einem komplexen System den nachfolgenden Ereignissen eine vollkommen unterschiedliche Wendung geben.                                                 

Rita Kashap im Oktober 2012


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